Offener Brief zum Beitrag „Flixbus-Unfall auf der A9 bei Leipzig 2024“, vom MDR Lebensretter
Mit großem Bedauern haben wir den am 19. September 2024 in der Sendereihe „Lebensretter“ ausgestrahlten Beitrag „Flixbus-Unfall auf der A9 bei Leipzig 2024“ zur Kenntnis genommen.
z. H. MDR Chefredaktion
z. H. MDR Publikumsservice
z. H. Moderator Sven Voss
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie der Titel impliziert, wurde über das Busunglück im März 2024 bei Wiedemar berichtet, bei dem vier Menschen zu Tode gekommen sind und weitere 30 zum Teil schwer verletzt wurden. Angesichts der gravierenden Defizite in der inhaltlichen Richtigkeit dieses Beitrags sehen wir - als DRK Kreisverband Delitzsch e.V. - uns veranlasst, schwerwiegende Bedenken hinsichtlich der journalistischen Sorgfaltspflicht zum Ausdruck zu bringen und hierzu Stellung zu beziehen.
In Ihrem Beitrag wurden die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Dudweiler interviewt; die zum Zeitpunkt des Unfalls in einem Reisebus auf privater Fahrt hinter dem späteren Unfallfahrzeug fuhren. Dank ihrer Erfahrung konnten sie unmittelbar nach dem Ereignis Erste Hilfe leisten und die Erstabsicherung übernehmen. Die im Beitrag zu Wort kommenden Feuerwehrleute äußern jedoch zahlreiche sachliche Fehler und unwahre Behauptungen gegenüber den Einsatzkräften des Rettungsdienstes - insbesondere gegenüber einer unserer Notfallsanitäterinnen mit langjähriger Berufserfahrung. Diese wurden undifferenziert im Beitrag abgebildet und werden von uns im Folgenden klargestellt:
1. Nach dem Kommentar eines Feuerwehrkameraden aus dem Saarland soll die Notfallsanitäterin, die mit dem ersten Rettungswagen eintraf, erst vor einigen Wochen ihre Prüfung abgelegt haben, mit der Gesamtsituation überfordert gewesen sein, geweint haben und "wusste gar nicht, was sie machen soll". Diese Unterstellungen sind falsch und werden von uns ausdrücklich zurückgewiesen. Unsere geschätzte Kollegin ist seit über dreieinhalb Jahren als Notfallsanitäterin tätig, fungiert als Praxisanleiterin und leistet tagtäglich tadellose Arbeit im Einsatz für ihre Mitmenschen. Zusammen mit ihrem Teampartner - einem Kollegen mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung- hat sie auch am Unfallort professionell und gemäß den Vorschriften
des Massenanfalls von Verletzten (MANV-Plans) des Landkreises Nordsachsen agiert.
2. In dem gleichen Zitat des Feuerwehrkameraden wird behauptet, unsere Notfallsanitäterin habe zur Feuerwehr Wiedemar gesagt: ,,Das sind Feuerwehrleute aus Saarbrücken, lass die arbeiten, die haben Ahnung". Diese Aussage ist frei erfunden; ein solches Gespräch hat nie stattgefunden.
3. Entgegen der Schilderung im Beitrag traf die Feuerwehr Wiedemar vor dem Rettungsdienst am Unfallort ein und leitete erste Maßnahmen ein. Unsere Rettungskräfte wurden vom Einsatzleiter der Feuerwehr über die Lage informiert.
4. Der Beitrag enthält gravierende Fehlinformationen zur Versorgung durch die Einsatzkräfte sowie zur Patientensituation. Weder wurde von den Feuerwehrangehörigen eine Triage vorgenommen, noch wurden Leichtverletzte mit Rettungswagen in Krankenhäuser transportiert. Die Rettungswagen waren den Schwerverletzten vorbehalten, und der Transport leichtverletzter Personen erfolgte mit Fahrzeugen der Feuerwehr. Außerdem ist die Behauptung, ein Patient sei weniger schwer verletzt, weil er schreie, fachlich inkorrekt und gefährlich.
5. Neben den uns betreffenden Falschaussagen sind im Bericht abwertende Bemerkungen über die Polizei und andere Beteiligte geäußert worden, die weder konstruktiv noch sachlich sind.
Ein grundlegendes Prinzip fundierter journalistischer Berichterstattung ist es, alle relevanten Parteien zu Wort kommen zu lassen, insbesondere dann, wenn es um kritische Darstellungen oder potenziell diffamierende Falschbehauptungen geht. Die von Ihnen begangene Verletzung dieses Grundsatzes beschädigt nicht nur das private Ansehen unserer Kolleginnen und Kollegen, ihre berufliche Reputation und beeinträchtigt ihre persönliche Integrität, sondern verunglimpft auch die Arbeit des Roten Kreuzes und des Rettungsdienstes in der Öffentlichkeit. Sie untergraben damit die Kompetenz unserer Einsatzkräfte und vermitteln insbesondere den Unfallopfern und deren Angehörigen den Eindruck, die Rettungsdienste hätten nicht adäquat gehandelt, was faktisch nicht der Wahrheit entspricht.
Eine Anfrage Ihrerseits an die betroffenen Personen oder an unsere Organisation, die diese Vorwürfe im Vorfeld hätte ausräumen können, hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Dies entspricht nicht den journalistischen Standards und ist aus unserer Sicht inakzeptabel. Wir halten eine Korrektur dieser Falschdarstellungen für dringend erforderlich.
Der DRK-Kreisverband Delitzsch e.V. legt größten Wert auf Professionalität und Integrität in der Arbeit unserer Mitarbeitenden. Wir erwarten von einem öffentlich rechtlichen Sender wie dem MDR eine Berichterstattung, die diesen Werten gerecht wird, und vertrauen darauf, dass in Zukunft die journalistischen Standards eingehalten werden.
Für ein persönliches Gespräch und weitere Klärungen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Stiller
Vorstandsvorsitzender
DRK Kreisverband Delitzsch e.V.
Thomas Meißner
Leiter Rettungsdienst
DRK Kreisverband Delitzsch e.V.
Für weitere Informationen und Anfragen wenden Sie sich bitte an:
DRK Landesverband Sachsen e.V.
Dr. Kai Kranich
E-Mail: k.kranich(at)drksachsen(dot)de
ARD Mediathek
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MDR Fernsehen
https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-969532.html